08. September 2025 | Menschen

Praxisnah, flexibel, zukunftsfit: Ein Gespräch mit Roger Lüthi über die neue Vermittlerprüfung

Seit Juli 2025 gilt für Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler ein neues Prüfungsmodell – ein Meilenstein, der das Berufsbild mit mehr Profilschärfe, Praxisnähe und Qualität stärkt. Roger Lüthi, Leiter Versicherungsvermittlung beim VBV, war von Anfang an mitten im Geschehen und hat die Einführung eng begleitet. Im Interview erzählt er, welche Erkenntnisse die ersten Monate gebracht haben – und welche besonders spannend sind.

Roger, das neue Prüfungsmodell ist nun seit einigen Monaten Realität. Was waren aus deiner Sicht die wichtigsten Erkenntnisse aus der Einführungsphase?

Die Prüfungsplattform und das Proctoring laufen bisher sehr stabil. Die Kandidatinnen und Kandidaten finden sich gut zurecht und erzielen solide Resultate.

Die schriftlichen Online-Prüfungen stehen rund um die Uhr zur Verfügung und für die mündlichen Prüfungen werden kontinuierlich neue Plätze freigeschaltet. Bisher gibt es stets mehr als ausreichend Kapazitäten. Unser Prüfungsmodell ist extrem flexibel: Es gibt keine engen Anmeldefenster mehr, Ergebnisse liegen innerhalb von sieben Tagen vor und die Prüfungen können schrittweise absolviert werden – nicht mehr alles auf einmal wie früher. Diese Flexibilität kommt den Bedürfnissen sowohl der Kandidatinnen und Kandidaten als auch der Unternehmen entgegen und sorgt für positive Überraschungen.

Ihr habt im Vorfeld mit einer grossen Nachfrage gerechnet. Wie sieht es aktuell mit der Anzahl Kandidatinnen und Kandidaten aus?

Die Anmeldungen liegen deutlich unter den Erwartungen. Während der sanfte Start bei den schriftlichen Prüfungen hilfreich ist, wurde das System für die mündlichen Prüfungen im Bereich «Leben» auf Höchstlast ausgelegt – mit neuem Prüfungszentrum, tausenden Plätzen und hunderten geschulten Expertinnen und Experten. Angesichts der tiefen Nachfrage mussten die Prüfungsplätze für 2026 vorerst gestrichen werden und auch für 2025 stehen Kürzungen bevor.

Worauf führst du diese Situation zurück?

Die erwartete «Bugwelle» an Prüfungen bleibt möglicherweise kleiner als gedacht. Viele Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler haben ihre Zulassung bereits im alten Prüfungsmodell oder über Übergangslösungen erworben. Zudem senken Anrechnungen bestandener Teilprüfungen und Teiläquivalenzen die Anzahl und nicht alle benötigen das spezifische Profil «Leben» für ihre Tätigkeit. Gleichzeitig stellen die Unternehmen ihre Ausbildungsprogramme erst nach und nach auf die neuen Prüfungen um.

Was unterscheidet das neue Qualifikationsprofil konkret vom bisherigen und was ist der grösste Fortschritt für die Branche?

Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler müssen über die für ihre Tätigkeit erforderlichen Fähigkeiten und Kenntnisse verfügen (Art. 43 Abs. 1 VAG). Diese Pflicht gilt für alle Personen, die eine Vermittlertätigkeit nach Art. 40 VAG ausüben. Neu betrifft dies beispielsweise auch Mitarbeitende im Innendienst oder Garagisten, die nun die entsprechenden Zulassungs- und Rezertifizierungsprüfungen absolvieren müssen. Die Branche hat sich bewusst von einem einheitlichen Profil Allbranchen verabschiedet und setzt auf differenzierte Zulassungsprofile. Das bedeutet: Jede und jeder legt nur die Prüfungen ab, die für die tatsächliche Tätigkeit relevant sind. Ein klarer Fortschritt in Richtung Praxistauglichkeit und Effizienz.

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