19. April 2023 | Lernmedien

So wird die Versicherungs-Lernwelt fit für die Zukunft

Christoph Bosshard - Berufsbildungsverband der Versicherungswirtschaft | VBV

Damit die Rahmenbedingungen für die Berufsbildung und die Aus- und Weiterbildung von Versicherungskräften in der Schweiz stets aktuell bleiben, lanciert der Verband myVBV. Die übersichtliche Plattform bietet allen Zielgruppen des VBV relevante Zugänge, Lernmedien und Informationen. Christoph Bosshard, Leiter Learning Solutions & IT beim VBV und Projektleiter myVBV, steht im Interview Rede und Antwort. 

Der VBV als qualitätssichernder «Gatekeeper» an der brancheninternen Schnittstelle zwischen Kompetenznachfragern und Kompetenzträgern bietet seinen verschiedenen Zielgruppen (Arbeitgebende, Arbeitnehmende, Gesetzgeber, Bildungsanbieter, Kunden) den jeweils bestmöglichen Mehrwert. Wir gewährleisten praxisgerechte und hohe Qualifikationslevels der Mitarbeitenden sowie Bildungsabschlüsse, die in der Praxis relevant sind und sich im Alltag auszahlen.

Aus diesem Grund lanciert der Verband nun mit myVBV einen persönlichen Zugang zu den Angeboten des VBV:

  • Zugriff auf den Lernpfad (Vermittler, üK etc.) und die damit verbundenen berufstypischen Handlungsfelder

  • Zugriff auf alle damit verbundenen Lernmedien (Bücher, WBT, Filme etc.)  laufende Aktualisierung

  • Lernbegleitung: Überblick aktuellen Lern-/Kompetenzstatus

  • Kompetenzstatus -> Qualifikationsprofil

  • Benchmark zu Mitstudierenden, Status bzgl. Readiness für Prüfungen, Learning Record Store

  • Anmeldung und Absolvierung der Prüfungen (Zulassung/Check-up)

  • Anmeldungsprozess (inkl. Zahlungsprozess)

  • Kommunikation Termine, Aufgebot für Check-up, Meldungen an Gesellschaften

  • Automatisierter Statusabgleich (Zulassungsprüfung und Check-up) mit der FINMA

  • Automatisiertes Aufgebot, Anmeldung, Absolvierung des Check-ups

  • Zertifikatsverwaltung

  • Informationsmöglichkeiten für Versicherungskunden ->Status Zertifizierung

Zusätzlich stehen den Expert/-innen, Trainer/-innen, üK-Verantwortlichen, Bildungsverantwortlichen etc. in myVBV spezifische Cockpits mit allen für ihre Aufgaben/Funktionen wichtigen Informationen zur Verfügung: Auswertungen von Feedbacks, Lernstand der Lernenden der jeweiligen Organisation, Ergebnisse bei Prüfungen der zugeordneten Lernenden etc.

Christoph Bosshard, was ist die Idee von myVBV?

Im Rahmen der Revisionen von verschiedenen Bildungsabschlüssen (z.B. Versicherungsvermittler/-in VBV, Kaufmann/-frau EFZ Privatversicherung) werden auch die Lernsysteme und -medien des VBV überarbeitet und den aktuellen Anforderungen angepasst.

myVBV soll ein sicheres und nachhaltiges Lernen und Prüfen in einer digitalen Lernumgebung ermöglichen. Die Ausstattung unserer Infrastruktur sowie der Verfügbarkeiten der Dienstleistungen müssen den regulatorischen Anforderungen entsprechen und für ein zeitgemässes Lernen und Prüfen optimiert sein.

Habt ihr euch von anderen Plattformen inspirieren lassen?

Ja klar. Es gibt Ideen, Konzepte oder auch nur einzelne Elemente von Lernumgebungen, die in anderen Organisationen im Einsatz sind. Zudem haben wir mit LerNetz einen Projektpartner, der schon bei diversen anderen Organisationen (SwissOlympics, Swissmem, Schweizerischer Samariterbund etc.) Transformationsprojekte durchgeführt hat, die jenen in unserem Verbandsumfeld ähnlich sind. Trotzdem haben wir teilweise ganz andere Rahmenbedingungen bzw. Anforderungen, wo wir auf uns angepasste Lösungen entwickeln mussten bzw. müssen.

Da eine «One size fits all»-Lösung nicht exsistiert und wir bereits über viele Teilsysteme verfügen, haben wir uns entschieden, den Ökosystem-Ansatz umzusetzen. Das bedeutet, dass unsere Kunden sich bei myVBV einmal anmelden und alle Teilsysteme ohne weitere Logins verwenden können. Im Hintergrund sind jedoch etwa 10 verschiedene Systeme im Einsatz.

Dadurch ist gewährleistet, dass die Elemente der verschiedenen Systeme miteinander in Verbindung stehen und Daten austauschen können. Um eine möglichst hohe Anpassungsfähigkeit zu ermöglichen, müssen neue Elemente schnell integrierbar und auch wieder abkoppelbar sein.

Künftig wird es noch mehr Lernformen und -angebote geben, die über unterschiedlichste Formate, Lernplattformen, Arbeitstools und Technologien abgebildet werden. Daher muss sichergestellt werden, dass Lernende auf diese digitalen und analogen Lernressourcen jederzeit und durchgängig, bedarfsorientiert und mit jedem Endgerät zugreifen können.

Wie lange hat die Entwicklung und Einführung gedauert, wie viele Leute/Rollen/Funktionen waren daran beteiligt?

Die Entwicklung der Version 1.0 von myVBV hat rund 10 Monate gedauert. Da das Projekt jedoch auf mehrere Jahre angelegt ist, wird die Entwicklung sicher noch bis Ende 2025 weitergehen. Seitens VBV ist der Bereich Learning Solutions & IT in die Entwicklung involviert, also zirka vier Personen. Diese fokussieren auf die Projektsteuerung und -planung. Entwickeln und umsetzen werden die Umgebung hauptsächlich unsere Projektpartner LerNetz und die Firma Iterativ mit ungefähr zehn Personen.

Zusätzlich sind weitere IT-Partner involviert, die unsere bestehenden Systeme in myVBV intergrieren und allenfalls anpassen. Zu guter Letzt lassen wir myVBV auch bezüglich der Usability und Erfüllung didaktischer Anforderungen durch externe Spezialisten (z.B. scil/HSG) testen, um so eine nachhaltige und ganzheitliche Lösung für unsere Kunden zu entwickeln und allfällige «blinde Flecken» zu vermeiden.

Gab es bei der Entwicklung Herausforderungen? Welche? Wie wurden sie angepackt/gelöst?

Herausforderungen gibt es einige. Seien es ausstehende Entscheide von Regulatoren, offene Fragen zu den kompetenzbasierten Prüfungen, Informationsbedarf verschiedener Stakeholder und viele mehr.

Dies ist jedoch bei Transformationsprojekten nichts Aussergewöhnliches. Wichtig ist dabei, dass wir uns an den Grundsätzen des agilen Projektmanagements orientieren und mit entsprechend erfahrenen Projektpartnern arbeiten. Natürlich ist es auch eine grosse Herausforderung, alle internen und externen Projektbeteiligten und Ansprechpartner in den verschiedenen Reformprojekten immer auf dem gleichen Stand zu halten.

Wir haben Austauschgefässe geschaffen, kommunizieren auf verschiedenen Kanälen und leben den Grundsatz, dass Störungen immer Vorrang haben, also konsequent und jederzeit angesprochen werden. Und natürlich gibt es Projektsteuerungsgremien, die den Projektverlauf konsequent verfolgen.

Haben wir die Herausforderungen damit gelöst? Nein. Aber wir werden immer besser und lernen laufend dazu. Die Projektziele und -budgets konnten wir bisher einhalten, und die Motivation bzw. das Commitment aller Projektbeteiligten ist sehr hoch. Das sind sehr wichtige Faktoren, um die Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

Wie ist der Launch gelungen?

Im November 2022 haben wir den Gesellschaften eine Version 0.8 zur Verfügung gestellt. So konnten sie myVBV kennenlernen und erste Funktionalitäten testen. Auch wenn noch vieles nicht fertig umgesetzt ist, haben wir zahlreiche positive Feedbacks erhalten. Die ebenfalls eingegangenen wertvollen Verbesserungsvorschläge werden wir in die Weiterentwicklung von myVBV einfliessen lassen.

Der eigentliche Launch steht noch bevor. Im Rahmen der KV-Reform 2023 werden die ersten üK-Kurse ab August 2023 über myVBV durchgeführt. Die Vermittler/-innen werden dann (abhängig von der Inkraftsetzung des VAG) voraussichtlich ab 2024 die Ausbildungen und ab 2025 die Prüfungen über myVBV absolvieren.

Wie wird myVBV weiterentwickelt?

Die Entwicklung von myVBV ist auf die Entwicklung der verschiedenen Bildungsabschlüsse abgestimmt. Die Anforderungen aus den Revisionen (z.B. neue Prüfungsmethoden) geben den Takt bei den Entwicklungsschritten von myVBV vor.

Aus heutiger Sicht ist die Entwicklung von myVBV wie folgt geplant:

Die Roadmap wird jedes Jahr überprüft und gegebenenfalls veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Wie bereits erwähnt, sind viele der Rahmenbedingungen im Fluss und erfordern eine hohe Flexibilität im Projekt. Durch das agile Projektsetting sind wir jedoch gut aufgestellt und können auf Veränderungen schnell reagieren, ohne die Projektziele und Budgets zu gefährden.